Children of the Mist
Regie: Ha Le Diem, Vietnam 2021, 92min, OmeU, keine FSK
Filmreihe: Tage des indigenen Films
Di ist ein zwölfjähriges Mädchen, als die Filmemacherin Ha Le Diem beginnt, ihr Leben für die nächsten drei Jahre zu begleiten. Di lebt in der abgelegenen Bergregion Nordvietnams unweit der chinesischen Grenze und bestellt dort mit ihrer Familie Reisfelder. Sie ist eine Angehörige der ethnischen Minderheit der Hmong, bei der es nicht unüblich ist, Mädchen und Jungen jung zu verheiraten. Die Mädchen sind von sogenanntem Brautraub bedroht. Jungen können die Mädchen, die sie heiraten wollen, zu ihrer Familie verschleppen. Die Mädchen müssen von dort wieder fliehen, um sich der Hochzeit zu entziehen. Häufig haben sie nicht die Gelegenheit dazu. Es kommt zu sexueller Gewalt, manche werden über die chinesische Grenze entführt und dort an heiratswillige Männer verkauft. Die Tradition des sogenannten Brautraubs ist in Vietnam verboten. Staatliche Programme versuchen die Hmong in die vietnamesische Mehrheitsgesellschaft zu assimilieren. In der Schule wird an die Mädchen appelliert, einer frühen Ehe nicht zuzustimmen. Doch die Hmong-Familien sind skeptisch gegenüber der Einmischung des Staates. Sie stehen unter einem enormen wirtschaftlichen Druck und wirken daher oftmals selbst auf die frühe Hochzeit ihrer Töchter hin.
Die Filmemacherin Ha Le Diem gehört selbst der ethnischen Minderheit der Tay an und wuchs im Nordosten Vietnams auf. Als in ihrer Jugend Freundinnen von ihr früh verheiratet wurden, empfand sie dies als das Ende ihrer Kindheit. Als junge Filmemacherin kam sie in Kontakt mit jungen Hmong-Mädchen und lernte dabei Di kennen, woraufhin sie beschloss, das Thema ihrer eigenen Vergangenheit filmisch zu bearbeiten. Zwischen Ha Le Diem und Li entwickelt sich eine innige Freundschaft, wodurch es der Filmemacherin gelingt, Lis Gedanken zu Liebe und Sexualität einzufangen und zu zeigen, wie sie mit der Bedrohung in der patriarchalen Gesellschaft umgeht. Di muss unter großem Druck Entscheidungen treffen, deren Tragweite sie kaum abschätzen kann. Die Anwesenheit der Filmemacherin verändert die Situation in Lis Zuhause. Manchmal schützt die Kamera Li vor ihren unberechenbaren Eltern und erschwert Übergriffe durch die Familie, die um Li wirbt. Doch mit dem steigenden Vertrauen der Beteiligten gegenüber der Filmemacherin verliert ihre Präsenz diesen schützenden Einfluss und sie muss sich der Frage stellen, wann eine Dokumentarfilmerin in das Geschehen eingreifen muss, dass sie festhalten will.