Ein Tag im Leben von Noah Piugattuk
Regie: Zacharias Kunuk, Kanada 2019, 113 min, OmU (Inuktitut/Englisch), keine FSK
Noah Piugattuk führt als Ältester eine Inuit-Gruppe an, die in Igloolik, einer polaren Region der nördlichen Baffininsel beheimatet ist und dort, wie schon die Generation vor ihr, der Jagd nachgeht.
Auch eines Morgens im April 1961 begibt sich die Gruppe auf eine Fahrt in die Weite. Bei einer Rast treffen Sie »Boss«, einen kanadischen Weißen. Die Begegnung ist von Verständigungsschwierigkeiten geprägt, doch wie sich herausstellt versucht Boss im Namen der Regierung Inuit zu überzeugen ihre selbst gewählte Lebensweise aufzugeben und in staatliche Siedlungen zu ziehen. Für Piugattuk kommt die Aufgabe seiner Heimat nicht in Frage und er sieht auch keinen Vorteil darin seine Kinder in die Schule zu schicken und Geld zu verdienen, für das er gar keine Verwendung hat. Boss wirkt allerdings nicht kompromissbereit.
Der Film übernimmt den ruhigen Rhythmus von Piugattuks Tagesablauf und führt durch dessen Alltag, bis er in der schicksalhaften Begegnung mit Boss mündet.
Mit dem Hin und Her an Übersetzungen und den damit verbundenen Missverständnissen sind nicht nur die Beteiligten auf der Leinwand, sondern auch die ZuschauerInnen konfrontiert. Die Beklemmung, aber auch die Komik der Situation lassen sich dadurch umso eindrücklicher mitempfinden.
Der Film ist ein Stück Geschichtsschreibung, konsequent aus der Perspektive der betroffenen Inuit erzählt. Noah Piugattuk, 1900 geboren, sah in seinem Leben, wie die Igloolik-Inuit die nomadische Lebensweise in seiner Heimatregion aufgaben und den überwiegenden Teil ihres Territoriums an den kanadischen Staat abtraten.
Der Filmemacher Zacharias Kunuk, dessen Debütfilm Atarnajuat (2001) auf den letztjährigen Tagen des indigenen Films gezeigt wurde, gründete die erste Inuit-Produktionsfirma ᐃᓱᒪ (Isuma). Auf der Website von Isuma finden sich über 20 Interviews mit dem 1996 verstorbenen Noah Piugattuk. Kunuk, selbst in Igloolik geboren, repräsentierte mit Ein Tag im Leben von Noah Piugattuk Kanada auf der Biennale di Venezia 2019.