El botón de nácar

El botón de nácar
© Real Fiction
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El botón de nácar

Regie: Patricio Guzmán, Frankreich/Chilé/Spanien 2015, 82 min, OmU (Spanisch), FSK 12


Filmreihe: Tage des indigenen Films

Es gibt unzählige Geschichten der Gewalt. Um ihnen gerecht zu werden, müsste man jede einzeln erzählen und betrauern. Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten zwischen ihnen. Kann man eine Gewaltgeschichte erzählen, ohne den einzelnen Schicksalen unrecht zu tun? 

Patricio Guzmán hat ein Filmgedicht über die Gewaltgeschichte Chiles geschaffen. Er folgt dem Wasser der Ströme Patagoniens in den Ozean, der Chile an seinen tausenden Kilometern Küste umschließt, bis zu den Sternen, die ebenso Wasser enthalten wie die Menschen aller Kulturen zu allen Zeiten. 

Das Gedächtnis des Ozeans und die Stimme des Wassers beinhalten die Geschichte des Genozids an den Indigenen Patagoniens ebenso wie die der »Desaparecidos«, der Ermordeten der chilenischen Militärdiktatur Pinochets. Guzmán verbindet seine eigene Geschichte als Überlebender, der nach dem Putsch gegen Salvador Allende verhaftet, gefoltert und zur Flucht gezwungen wurde, mit der Geschichte seines Landes und Überlegungen über das Böse und das Wesen des Menschen.

Er bereist Patagonien und lässt sich von dessen nasser, rauer und majestätischer Landschaft überwältigen. Er trifft die Nachfahr*innen der indigenen Bevölkerung, die Ende des 19. Jahrhunderts systematisch ermordet und von ihrem Land vertrieben wurden: Die Kawésquar Gabriela Paterito und die letzte Yagan, die noch die Sprache ihrer Gesellschaft muttersprachlich beherrschte, Cristina Calderon.

Er erzählt die Geschichte des Indigenen Jemmy Button, der 1830 auf dem Schiff nach London reiste, auf dem auch der junge Charles Darwin mit an Bord war und auf der Reise über den Atlantik sein Unglück fand.

Schließlich zeigt Guzmán, wie in Patagonien auf indigenem Territorium Konzentrationslager für Oppositionelle errichtet wurden, und die Leichen, von denen nur noch Spuren wie ein einzelner Perlmuttknopf zeugen, im Ozean versenkt wurden.

Guzmán stellt den Genozid an den Indigenen Patagoniens und die Ermordung der politischen Gegner*innen während der rechten Diktatur in den Kanon der chilenischen Nationalgeschichte. Er entscheidet sich für die Poesie und gegen die Mittel der Ethnographie und bevorzugt die Suche nach der Gemeinsamkeit statt der partikularen Genauigkeit. »El Botón de Nácar« ist eine Anklage gegen die Gewalt, das Verschwindenlassen, die Ungerechtigkeit, die überall und zu jeder Zeit das gleiche Verbrechen darstellen.