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Sarraounia

Sarraounia
© Ciné-Archives
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Sarraounia

Regie: Med Hondo, Mauretanien/Burkina Faso/Frankreich 1987, 120 min, OmeU, keine FSK


Filmreihe: Tage des indigenen Films

Lougou, im heutigen Niger, ist Sitz der Sarraounia, weltliche Herrscherin und spirituelles Oberhaupt der Azna. Am Ende des 19. Jahrhunderts ist die in den Künsten des Krieges und der Magie ausgebildete Anführerin aufgefordert, die Unabhängigkeit ihres Volkes zu verteidigen. Denn es nähert sich der Trupp der französischen Generäle Voulet und Chanoine. Nach der 1884 von Reichskanzler Otto von Bismarck einberufenen Kongokonferenz in Berlin wurden sie entsandt, um im sogenannten »Wettlauf um Afrika« einen möglichst großen Teil Westafrikas im Namen Frankreichs zu erobern. Sie hinterlassen eine Spur der Verwüstung und ermorden, wer sich ihnen in den Weg stellt. Rund um Sarraounias Reich haben sich die meisten Völker bereits unterworfen, kollaborieren oder schrecken vor dem Kampf zurück. Sarraounia stellt sich den kolonialen Großmachtfantasien entgegen und avanciert zum Symbol afrikanischen Widerstands gegen die europäische Eroberung.

Der 2019 verstorbene Regisseur Med Hondo verfilmte den gleichnamigen Roman seines Freundes, der nigrische Schriftsteller Abdoulaye Mamani, der auch das Drehbuch mit verfasste. Die Geschichte basiert auf historischen Begebenheiten. 1899 wurde der Palast der siebten Sarraounia Mangou in der Schlacht um Lougou zerstört. Die Realisierung von Filmprojekten, die den Widerstand gegen den Kolonialismus auf dem afrikanischen Kontinent thematisierten, gestalteten sich als besonders schwierig, da das Filmschaffen auf dem Kontinent meist in politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit von den ehemaligen Kolonialmächten stand. Auch Hondos Projekt stieß auf zahlreiche Widerstände. Der Film sollte an den Originalschauplätzen in Lougou gedreht werden, was die nigrische Regierung in allerletzter Minute verhinderte, womöglich um das Verhältnis zu Frankreich nicht zu belasten. Hondo konnte die persönliche Unterstützung von Thomas Sankara, dem damaligen Präsidenten von Burkina Faso, gewinnen. Mit der Förderung aus Burkina Faso konnte die Produktion realisiert werden. Der französische Verleiher brachte den Film anders als vereinbart gerade mal in fünf französische Kinos und nahm den Film nach zwei Wochen aus dem Programm. Dies zog folgenlose Proteste und den Vorwurf der Zensur nach sich. Der kommerzielle Misserfolg bedeutete den persönlichen Bankrott des Filmemachers. SARRAOUNIA wird seitdem vor allem als Klassiker des Antikolonialen Films auf Festivals gezeigt. Der Film bietet eine Gegenerzählung der Kolonialgeschichte und eine politische Utopie. Hondos Sarraounia ist eine Herrscherin, die über Bevölkerungsgruppen und religiöse Grenzen hinweg Einigkeit im Widerstand gegen die Kolonisatoren schafft. Hondo besetzte den Film eigenen Angaben nach mit einer Crew aus möglichst vielen verschiedenen Gegenden Afrikas. Sarraounia bedeutet Herrscherin auf Hausa. Die amtierende Sarraounia, Nachfolgerin der historischen Königin, die keine weltliche Macht mehr besitzt und in einem bescheidenen Haus in Lougou residiert, beriet Hondo beim Nachbau des Königspalastes in Burkina Faso.